Bericht der Frankenpost vom 30.07.2014:
Aus Straßen werden Flüsse
In Thiersheim gehen in wenigen Minuten bis zu 45 Liter Regen pro Quadratmeter nieder. Zahlreiche Keller laufen voll. 250 Feuerwehrleute haben alle Hände voll zu tun, die Schäden zu beseitigen.
Thiersheim – So ein Unwetter hat Thiersheim noch nicht erlebt. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es hier schon einmal in so kurzer Zeit so viel geregnet hat.“ Bürgermeister Bernd Hofmann ist noch immer fassungslos, von dem, was gerade geschehen ist. Er geht durch die Straßen und begutachtet die Schäden, die das schwerste Unwetter in der Geschichte der Marktgemeinde hinterlassen hat. Laut Deutschem Wetterdienst sind auf Thiersheim in kürzester Zeit bis zu 45 Liter Regen pro Quadratmeter herabgestürzt.
Der normalerweise so gemächlich dahinfließende Thiersbach am Ortseingang wurde binnen kürzester Zeit zum reißenden Fluss, der über die Ufer trat. Etliche Keller liefen voll, Autos soffen regelrecht ab. „Die Wassermassen haben sogar Teile der Straße weggerissen“, sagt Bernd Hofmann. Auch der Radweg musste zwischenzeitlich wegen Beschädigungen gesperrt werden.
Ursache der schlimmsten Überflutung in Thiersheim seit Menschengedenken war neben dem sintflutartigen Regen, der nahezu eineinhalb Stunden anhielt, auch die Wassermassen, die aus Richtung Hoher Warte und vom Galgenberg aus in den Ort hinein drückten. Anfangs vermochten die Abwasserkanäle die Wassermassen noch zu schlucken, doch mit jeder Minute gerieten sie mehr an die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit. Schließlich drückte das Wasser die Kanaldeckel in die Höhe und überflutete große Teile des Marktes.
Die verheerendsten Verwüstungen richtete das Unwetter dabei in der Wunsiedler Straße nahe der Firma Geipel, in der Hauptstraße im Gasthof „Zur Post“ und den umliegenden Wohngebäuden und direkt am Feuerwehrgerätehaus am Unteren Stadtgraben an. 40 Keller mussten die Einsatzkräfte auspumpen. Selbst Stunden, nachdem der Regen aufgehört hatte, stand der Innenhof der Firma Geipel noch unter Wasser. Mit Pumpen, Nassstaubsaugern und Besen versuchten Besitzer wie Feuerwehrleute, der Fluten Herr zu werden. In der Zwischenzeit hatten die Einsatzkräfte das Rathaus zum Lagezentrum umfunktioniert.
Kaum war das Wasser in Thiersheim halbwegs unter Kontrolle, begannen die Menschen in Arzberg zu zittern. „Die Einsatzkräfte in Arzberg machen sich gerade bereit“, sagte der Pressesprecher der Feuerwehren, Roland Kaiser, als sich in Thiersheim die Lage etwas entspannt hatte. Schließlich floss das Wasser aus Thiersheim direkt weiter in deren Richtung. Allein in Thiersheim waren 180 Helfer der Wehren aus nahezu dem ganzen Landkreis im Einsatz. 70 weitere hielten sich zusammen mit 15 Einsatzkräften des Technischen Hilfswerks in Arzberg bereit. Für den Ernstfall hatten sie Sandsäcke vorbereitet.
„Wir waren genau an des Messers Schneide“, sagt der Kommandant der Feuerwehr Haid, Manfred Harles. Genau bis zu den Brücken stieg der Pegel des Flitterbachs. So schrammte Arzberg knapp an massiven Überschwemmungen vorbei. „Zum Glück kann die Röslau das Wasser aufnehmen“, zeigt sich Arzbergs Bürgermeister Stefan Göcking erleichtert.
„Ich bin froh, dass wir hier so eine schlagkräftige Truppe der Feuerwehr haben“, sagte Landrat Dr. Karl Döhler, der sich vor Ort über die Geschehnisse informierte. Bis in die Abendstunden dauerten die Aufräumarbeiten an. Doch die Anwohner werden wohl so schnell keinen Schlaf finden angesichts der Verwüstungen in ihren Wohnhäusern und Kellern.